Willkommen auf der Autorenseite von Rita Schäfer

spannende Biographie

Josephine Baxter

 Die gebürtige Iranerin Rita Schäfer, geboren 1971 in Teheran, lebt seit 1987 in Deutschland. Sie wurde Zeitzeugin der islamischen Revolution und des verheerenden ersten Golfkrieges, der sie fast das Leben gekostet hätte.

Trotz aller negativen Ereignisse in ihrer Kindheit und Jugend hat sie nie die Hoffnung  auf eine unbeschwerte Heimat verloren.

Nach ihrer gelungenen Flucht aus dem Iran versuchte sie ungeachtet aller Vorurteile und Schwierigkeiten sich in einer völlig fremden Umgebung, fernab von der Familie, zu integrieren. Obwohl sie sich angekommen und den gesellschaftlichen Ansprüchen gewachsen fühlt, merkt sie, dass ihre Vergangenheit bei ihr tiefe Spuren hinterlassen hat. Die Liebe zu ihrem Geburtsland hat sie nicht verloren, doch eine echte Heimat wird es wohl für sie nie mehr sein.

Nach ihrem Abitur in Aachen, machte sie eine Ausbildung zur MTA (Medizinisch Technische Assistentin). Im Anschluss an ihre Ausbildung begann sie ein Medizinstudium.

 Seit 2002 arbeitete sie in der Pharmaindustrie. Im Jahr 2011 heiratete sie und hat inzwischen zwei Kinder. Mit ihrer Familie lebt sie seit 2013 in der Nähe von Bonn.

 



Meine Autobiographie

Fremdbestimmt- die Suche nach einer Heimat


 

Das kleine Mädchen Dana wächst wohlbehütet in einer sechsköpfigen Familie im Iran auf. Unbekümmert kommt sie seit ihrer Geburt in den Genuss von Privilegien und lebt in einer weitgehend von der Außenwelt abgeschnittenen Welt auf einer Militärbasis westlich von Teheran. Ihr Vater arbeitet für die Luftwaffe und hat eine führende Position. Doch als das Schah-Regime im Zuge der islamischen Revolution fällt und ihre bis dahin heile Welt zusammenbricht, durchlebt sie Gefühle tiefer Verunsicherung. Die liberale Kultur weicht einer zunehmenden Unterdrückung, die sich in allen Lebensbereichen zeigt.

 

Dieser Kulturschock erreicht mit dem im Jahr 1980 beginnenden Irak-Krieg einen traurigen Höhepunkt. Ihr gerade neunjähriges Leben besteht von nun an nur noch aus Todesangst und Ungewissheit. Die täglichen Luftangriffe der irakischen Armee hinterlassen tiefe Spuren und lassen das Mädchen bis zur Depression am Leben verzweifeln.

 

Die neuen Lebensbedingungen und die Suspendierung des Vaters von der Luftwaffe, die erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für die Familie hat, die täglichen Luftangriffe der irakischen Armee, sowie die Unterdrückung der jungen Frauen im Iran führen dazu, dass Dana das Leben wie eine einzige Hölle erscheint und lassen das Mädchen bis zur Depression am Leben verzweifeln. Die letzten zwei Jahre ihres Aufenthaltes in Teheran schildert sie als die schlimmsten in ihrem Leben.

 

Kurz vor ihrem 16. Lebensjahr entscheiden sich ihre Eltern, das Mädchen nach Deutschland zu ihrem Bruder Dariush zu schicken um den drohenden Raketenangriffen Iraks zu entkommen.

 

Dana geht das Wagnis ein, auch ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung in das Flugzeug zu steigen, wohlwissend, dass man sie direkt am Flughafen abschieben könnte. Eine Rückkehr hätte zu schweren Repressalien bis hin zur Verhaftung führen können.

 

Sie hat Glück und kann ohne Visum in Deutschland einreisen. Das neue Gefühl der Freiheit ermutigt  sie in Deutschland zu bleiben und ein neues Leben zu beginnen. Müde und traumatisiert versucht sie mit Hilfe des Bruders und dessen Frau den Alltag und die bürokratischen Hürden in Deutschland zu meistern. Wie auch die Episoden im Iran schildert sie die Situationen im neuen Land mit offenem, zuweilen kritischem aber nie humorlosem Blick, den sie sich durch die Kenntnis von mehreren Kulturen aneignete.

 

 Dana, die inzwischen seit fast 30 Jahren in Deutschland lebt befasst sich öffentlich mit Integration, Parallelgesellschaften, Doppelmoral, insbesondere mit der Rolle der Frauen in den islamischen und mitteleuropäischen Ländern. Und beschreibt ihre Situation als gebürtige Iranerin,  die sie mit vielen ihrer Landsleute teilt, als „einen immerwährenden Kulturschock“. Die anscheinend festgemauerte politische Situation in ihrem Geburtsland hat sie akzeptiert, sie weiß dass es trotz spektakulärer Proteste zuletzt im Jahr 2009, dort kaum Hoffnung auf gesellschaftliche Änderungen gibt. Aber auch die soziologischen Änderungen durch die Flüchtlingspolitik in Europa lassen sie nicht in Ruhe.

 

Trotz großer Anpassung hat Dana im Laufe der Jahre die Illusion einer unbelasteten Heimat innerlich aufgegeben. Die Traumata der Kindheit und Jugend vergisst sie nicht, dazu wird sie in Deutschland immer wieder mit Unverständnis und Vorurteilen ihrer Umwelt konfrontiert. Anderseits erwartet sie von der Politik in dem Land, wo sie ein Leben jenseits von Krieg und Unterdrückung kennenlernte, dass den religiös Intoleranten deutlich Grenzen aufgezeigt werden. Zu den beiden Welten bleibt sie auf Distanz, versucht aber mit den Erfahrungen aus beiden Ländern ein Lebensgefühl zu schaffen, das man glücklich nennen könnte.

 

Doch das erweist sich als sehr schwierig. Ein Prozess, der nie endet.

 

Leseprobe aus dem Prolog

Es ist wieder mal einer von den Abenden, die ich so sehr liebe. Die kleine Familie alle beisammen in der Küche. Meine Tochter, die schon längst überfällig ist, spielt mit ihrer kleinen rosa Küche aus Holz und ser­viert uns ab und an einen ihrer leckeren Kuchen, die sie gerade gebacken hat. Um sie nicht zu enttäuschen, machen mein Mann und ich abwechselnd mit und beteu­ern, wie lecker ihr imaginärer Kuchen schmeckt.

 

Ihr kleiner Bruder klammert sich fest an ihre Küche und wartet auf eine winzige Gelegenheit, um an das Gemüse heran zu kommen. Alle fünf Sekunden zankend drehen sie sich zu uns um und beschweren sich darüber, dass der andere ihn nicht das machen lässt, was er möchte. Ständig raufend, aber doch unzertrennlich. Diese klei­nen schönen Momente sind es, die meinem ruhigen Leben Sinn und Freude verleihen. Etwas in meinem Leben muss ich richtig gemacht haben, dass mein Le­ben so erfüllt zu sein scheint. Meinen beiden Zwergen zuzugucken macht mich unendlich glücklich.

 

„Nein du bist auch nicht integriert. Du bist anders in der Denke.“  Die gute Stimmung des bis dahin harmoni­schen Abends fängt an, langsam zu verblassen. Sollte es wieder so ein Abend mit klischeehaften Gesprächen werden. „Hier Mama für dich. Und wie schmeckt es?"“  Wie so unzählige Male versuche ich zu verstehen, was mein Mann mir eigentlich sagen will. Zuvor behauptete er, dass das Scheitern der Integration an dem schlech­ten Deutsch vieler Migranten liege, die die deutschen Werte aus Mangel an sprachlichem Verständnis gar nicht verinnerlicht haben könnten, was mich  - der Aussage nach – wohl auch betrifft. „Das heißt, ich kann kein Deutsch und wir verständigen uns in einer anderen Sprache?“ frage ich. - „Eins für dich, eins für Papa“- „Nein, Du kannst sehr gut Deutsch“ antwortet er, wäh­rend er anstatt mir in die Augen zu schauen, in eine völlig andere Richtung schaut. „Aha, du meintest aber vor ein paar Minuten, dass die gescheiterte Integration eine Folge des sprachlichen Mangels an Deutsch sei und nicht an der Individualität der Menschen liege. Wenn ich keine integrierte Mitbürgerin bin, dann müsste ich sprachliche Probleme haben, und die habe ich weiß Gott nicht.“

 

„Süße, sollen wir jetzt ins Bett gehen?“ sagt mein Mann zu unserer Tochter. Es ist schon nach acht Uhr“. „Nein ich möchte nicht ins Bett“ antwortet diese trotzig. „Weißt du? Integration heißt, einen Beitrag leisten, etwas hinzufügen. Du bist halt Hausfrau, du hast kei­nen Beruf, den du derzeit ausübst“ antwortet er, indem er mir bewusst in die Augen schaut und gleichzeitig seinen Kopf hebt. „Ach so, mein Beruf als zweifache Mutter und Hausfrau, der nicht einmal bezahlt wird, zählt nicht. Nur wer arbeitet und Steuern zahlt ist inte­griert. Sehr interessant, deine Ausführungen am heuti­gen Abend“

 

Und ich füge hinzu: „Dann verstehe ich nicht, dass der Türke, der über vier Jahrzehnte bei Ford am Fließband gearbeitet hat, eine Familie gegründet, vier Kinder ge­zeugt, großgezogen und es zu etwas gebracht, nebenbei ein Haus abbezahlt hat, und noch keinen richtigen Satz Deutsch sprechen kann, aber einen großen Freundes­kreis von ein paar hundert Menschen hat und in seinem sozialen Umfeld mehr Kompetenz und Macht ausstrahlt als unser Ex-Bundespräsident Wulf, der wegen 320 € nicht nur seinen Posten, sondern auch seine Familie verloren hatte, immer noch nicht in diesem Land inte­griert ist“.

 

Mein Mann verdreht die Augen, steht mitten im Ge­spräch auf und verlässt die Küche mit unserer Tochter im Schlepptau. Beim Herausgehen murmelt er noch „die Kleine muss jetzt wirklich ins Bett, kannst Du unse­ren Sohn übernehmen?“. Ich bleibe mit unserem Filius in der Küche zurück und versinke in meinen Gedan­ken. Warum ständig diese Diskussionen? Wir sind verheiratet, da ist es doch egal, welche Sprache man spricht. Warum endet neuerdings fast jede Diskus­sion mit der Integrationsfrage?

 

Der Auslöser unseres Meinungsaustausches waren die jüngsten Berichterstattungen rund um die Flüchtlingspoli­tik. Eine Flüchtlingspolitik die das Land, zu spalten droht, für die keine Lösungen in Aussicht sind und die ein einziges Land, sei es auch noch so leis­tungsstark, überfordert.

 

Seit dem massiven Anschwellen des Zustroms der Flücht­linge über das Mittelmeer und die Balkanroute im Sommer des Jahres 2015, diskutierten mein Mann und ich fast täglich über die neuen Entwicklungen im Lande. Die humanitäre Hilfe Frau Merkels schienen uns beiden eine richtige Entscheidung gewesen zu sein, doch wir waren sehr skeptisch, ob das alles gut gehen würde. Kurz nach dem die Griechenlandkrise überstan­den schien, hatte Europa mit einer noch größeren Heraus­forderung zu kämpfen. Der Flüchtlingskrise.

 

Die Bilder der müden Menschen in den Flüchtlings­trecks, insbesondere von Frauen und Kindern, gingen uns unter die Haut. Der Syrienkrieg und die daraus resultierenden Konsequenzen spalteten Europa und verunsicherten die Menschen.

 

Kein anderes Thema wurde plötzlich in den sozialen Netzwerken so heiß diskutiert wie das Thema Flücht­linge. Dabei ging es seit Jahren so. Auffällig wurde es nicht als die Anzahl der im Mittelmeer ums Leben gekom­menen Flüchtlinge rasant anstieg, sondern als die Flüchtlinge in Scharen aus Griechenland und Italien nach Deutschland aufbrachen. Was vorher weit weg schien, stand plötzlich vor der Haustür.

 

Obwohl mein Mann und ich ursprünglich hinter der Flüchtlingspolitik von Frau Merkel gestanden haben, mussten wir feststellen, dass wir mit dem weiteren Ver­lauf der Krise in vielerlei Hinsicht geteilter Meinung waren. Meinen Mann bewegte die Frage, ob Deutsch­land alleine die Krise stemmen konnte, nachdem das Land mit seiner liberalen Asylpolitik zwischenzeitlich in Europa isoliert war. Und ob das grenzenlose Europa sich die Massenzuwanderung der Flüchtlinge in Zeiten von Terror und islamistischem Extremismus, leisten könne. „Deutschland kann die Probleme der Welt nicht im Alleingang lösen“ pflegte er zu sagen.

 

Mir persönlich ging es um das Humane, das sich an dem individuellen Schutzbedürfnis des einzelnen orien­tierte, und nicht um das Objektive in der großen, politi­schen Sache. Im gemütlichen, sicheren Deutschland sitzend, ist es schwer, sich vorzustellen, wie es ist, Todes­angst zu haben und  sein Zuhause, sein Hab und Gut, seine Heimat verlassen zu müssen.

 

Dabei verfüge ich auf diesem Gebiet schließlich über  gewisse Kenntnisse, denke ich mir still, um mich dann unserem Sohn zu widmen. 

 

Leseprobe aus "Aufbruch ins Ungewisse"

Obwohl es erst einmal als ein kurzer Besuch in Europa geplant war, war Maman an dem Tag vor Aufregung außer sich. Von einer Minute auf die andere änderte ihr Gesicht die Farbe. Sie war merkwürdig ruhig und hatte die letzten Tage vor dem Abreisedatum nicht viele Worte gesprochen. Mit Sorgfalt versuchte sie in den letzte Stunden vor der Abfahrt, mein Gepäck fertig zu machen. In meinem Koffer war alles, was ich zum Anzie­hen brauchte, und in meinem Handgepäck das, was am zeitaufwendigsten war, Sachen die mein Bruder Dariush bestellt hatte: Persische Spezialitäten, die in Europa eine Seltenheit waren. Leckereien, von denen Jeder, der ins Ausland reiste, reichlich mitnahm. Beim Einpacken war sie so genau und akribisch, dass alles haargenau passte. Sie packte den Koffer mit Liebe und Aufmerksamkeit. Ihr zu zuschauen machte mich einer­seits sehr stolz, anderseits sehr melancholisch. Es hatte den eigenartigen Beigeschmack, es gäbe nur das eine Mal, dass ich reiste.

 

Maman war sehr gut vorbereitet. Ab und an hob sie kurz den Kopf und erklärte mir in welcher Dose, was war. Erstaunlich war ihre Konzentration bei der Arbeit. Als mein Vater mit dem Vorschlag kam, war sie sich nicht schlüssig, aber jetzt schien es mir, dass sie voller Entschlossenheit war. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich allein verreiste.

 

Auf Empfehlung eines Freundes und Ex-Kollegen hatte Baba erfahren, dass Jugendliche unter sechzehn Jahren ohne Visum vom Teheraner Flughafen abreisen und in Deutschland einreisen dürfen. So hatte er mir, in Windes­eile eine Woche vor meinem Geburtstag, ein Hin- und Rückflug-Ticket gekauft. Es war auch nicht ganz ohne Risiko, denn die Informationen könnten falsch sein oder Sonderregelungen, die sich schlagartig ändern konnten, so dass man mich abschieben und mich direkt mit dem nächsten Flugzeug nach Teheran zurückschicken könnte. Eine Abschiebung konnte sehr fatale Folgen bis zur Verhaftung hin haben. Dies alles zu wissen und trotzdem den Schritt zu wagen, passte nicht so ganz zu ihrem sonst überlegten und fürsorgli­chen Wesen als Maman.

 

Voller Bewunderung über ihre mutige Entscheidung akzeptierte ich jeden Wunsch und nahm jeden Rat von ihr an. Die Tatsache, dass ich ohne eine offizielle Aufent­haltsgenehmigung nach Deutschland reiste, ne­ben anderen Sorgen, machte sie sehr unruhig. Aber so diszipliniert sie war, bewahrte sie auch die Ruhe und versuchte ihre Ängste zu vertuschen.

 

Als es fünf Uhr schlug, weckte sie meinen Vater und Darja, um sich langsam auf die Fahrt zum Flughafen vorzubereiten. So richtig freuen konnte ich mich nicht. Alles war so ungewiss. Mein Abschied fast unspektaku­lär. Keiner wusste, ob ich heute wieder nach Hause kommen oder in Frankfurt landen würde! Quasi ein Versuch, der zu probieren es wert war, aber zum ernst nehmen, doch etwas verdächtig erschien.

 

Als wir ins Auto stiegen, schaute ich kurz noch einmal auf die Fassade des Hauses. Stein für Stein speicherte ich die Bilder in meinem Gedächtnis ab. Wer weiß, ob sie noch so in der Form da stehen würden, wenn ich zurück käme! Als mein Vater das Auto startete, setzte ich mich als Letzte in das Fahrzeug, dicht ans Fenster. Die Straßen waren noch frei. Teheran war im tiefen Schlaf, als die Dämmerung einsetzte und das Strahlen der Sterne langsam verblasste. Mit Augen voller Tränen schaute ich mir alles an. Trotz vieler Angriffe, und hässli­cher Plakate, strahlte Teheran an jenem Morgen. Ich kurbelte die Scheibe herunter, um etwas Benzin und Gazoil einzuatmen. Diesen Geruch liebte ich so. Da drin steckte mein ganzes Leben. Die guten Erinnerungen, die bereits jetzt so fern zu sein schienen. Tief ein­atmend, zog ich so viel Luft in meine Lungen ein, wie ich konnte. Und genoss die Stille um mich herum. Seit langem hatte ich Teheran nicht so harmonisch erlebt. Die ganze Fahrt war im Auto so leise, dass ich beinahe vergessen hatte, dass sich noch andere Insassen im Auto befanden. Es sah aus, als würde Teheran trauern. Ein Trauerzug mit einem lebendigen Toten. Ein Toter, der zu Grabe getragen wurde. Die Ruhe und die Dunkel­heit, der sanfte Wind, der die Bäume zum Ver­neigen brachte. Es war der perfekte Abschied.

 

So oft habe ich mir gewünscht, meine Heimat, die Stadt, die ich am meisten in meinem Leben liebte, so harmonisch zu erleben. Wie oft habe ich mir ge­wünscht, durch die noch für mich schönen Straßen von Teheran ungestört und nicht beängstigt zu spazieren. Der letzte Wunsch sollte dem Toten doch noch erfüllt werden. Freud und Leid kämpften wie zwei wilde Raub­tiere miteinander in meiner Brust. Einen Moment dachte ich, warum bin ich nicht tot? Gott, wo bist du? Kannst du mich hören? Warum ich? Warum wir Perser?

 

Die warmen Tränen über meinen Wangen, waren die einzigen Trostspender und wahrscheinlich die letzten Gefährten, die mir Verständnis entgegenbrachten. Ich wusste dass alle anderen im Auto ruhig vor sich hin weinten, denn niemand versuchte mit dem Anderen zu sprechen, wie gesagt, genau wie ein Trauerzug. In weni­gen Stunden gäbe es mich nicht mehr. Ich gehe in eine andere Welt. Eine Welt, die vielversprechender klang, aber um das heraus zu finden, musste man aufgeben. Teheran samt meiner Familie aufzugeben, war ein gro­ßer Preis. Aber der einzige Weg, um von den Toten aufzuwachen.

 

Nach einer guten Stunde Fahrt waren wir am Flughafen. Der Ausstieg aus dem Auto fiel mir besonders schwer. Schwermütig nahm ich mein Handgepäck aus dem Kofferraum. In meinem Kopf spielte sich so vieles ab. Maman ging neben mir Richtung Eingang Abflughalle und versuchte mich aufzumuntern. „Schatz, freue dich doch auf das Wiedersehen mit Dariush. In weniger als ein paar Stunden bist du bei ihm. Sehr beneidens­wert.“ Lächelnd versuchte ich Ihren netten Worten etwas Positives abzugewinnen.

 

Angekommen im Flughafengebäude hatten uns der für Teheran typische Lärm und das Gedränge wieder fest im Griff. Schnell suchten wir meinen Abflugschalter. Das Gelände wurde von vielen Polizisten überwacht. Schon bei der Gepäckabgabe durfte keiner mehr mit. Eine riesengroße Glasscheibe trennte die Begleiter von ihren Abreisenden. Und wie immer alles voller Leben. Große Menschenmengen überall. Maman bestand da­rauf, mich bis zum Schalter zu begleiten und bat Baba ein paar Worte mit den Wächtern hinter der Glas­scheibe zu sprechen und für sie um Erlaubnis zu bitten.

 




Leserstimmen

Was geht in einem Kind vor, das sich plötzlich von Revolution, Krieg und einem fundamentalistischen Gottesstaat umgeben sieht, beschreibt dieses Buch. Die Autorin erzählt als Zeitzeugin über die Schicksalsjahre Irans und die Gründung der Islamischen Republik. Vom Sturz des Schah-Regimes bis zum ersten Golfkrieg erlebt das junge Mädchen hautnah den Weg des Landes in das Chaos. Zermürbt von Krieg und Hoffnungslosigkeit beschliesst die junge Frau schließlich ihre Heimat zu verlassen und einen Neuanfang in der Fremde zu starten.

Die neue Heimat und die Deutschen schlidert die junge Iranerin aus ihrer Perspektive. Sie vermittelt dem Leser einen tiefen Einblick in eine gespaltene iranische Gemeinschaft. Der Autorin ist mit dem Buch eine Art Langzeitstudie über Fluchtursachen, Migration und Integrationsprobleme gelungen.

Sie schildert ihre Suche nach dem Glück und nach einer verlorenen Kindheit. Sie bringt zum Ausdruck, dass Integration keine kurzfristige Angelegenheit ist, sondern ein langer Prozess, der für Manche niemals endet. Das Buch liest sich sehr angenehm und geht dabei doch tief unter die Haut. Ohne Beschönigung zeigt Rita Schäfer dem Leser die Ohnmacht eines Menschen als Spielball epochaler Ereignisse und ständiger Umbrüche auf und verliert dabei doch nicht aus dem Auge, dass es die kleinen Dinge sind, die ein Leben lebenswert machen. Es ist das Buch einer offensichtlich starken, emanzipierten Frau, die an ihren Herausforderungen gewachsen ist.
Was das Buch für mich als Leser besonders lesenswert macht ist die Tatsache, dass die Autorin im Gegenteil zu vielen anderen Autoren, die nie im Iran gelebt haben und sich ein Urteil über das Land und die Iraner erlauben, in ihrer Autobiografie ohne persönliche Beurteilung, unzensiert alles so beschreibt, als würde man selbst alles erleben.

Dieses Buch ist ein wichtiges Werk für unsere Zeit, in der wir uns so sehr mit Flüchtlingspolitik und Integration auseinander setzen möchten.

ANONYM

In diesem Buch erlebt man hautnah die Welt einer anderen Welt - Krieg, Angst und Hoffnung stehen ganz eng im Leben der Familie zusammen- und die heile Welt wird zerstört - durch Krieg und seine Folgen - was bedeutet der Iran-Krieg für eine Familie .... ? Sehr authentisch und trotzdem auch sehr interessant, die Dinge mal aus erster Hand zu erfahren. Ein Buch das zum Nachdenken anregt und trotz des Themas gut zu Lesen ist.

BIANCA BEST, FINANZBERATERIN

Rita Schäfer zeigt durch ihre eigene Vita eindrucksvoll, wie Menschen, die vor Krieg, Unterdrückung und Terror fliehen, sich trotz aller Hindernisse und Widrigkeiten, in einem für sie anfangs fremden Land, zurecht finden und Fuß fassen können!
Überdies beweist sie eindrucksvoll, wie frau aufgewachsen in einer von Männern dominierten Gesellschaft, in der Frauen wenig Wertschätzung erfahren, sich die Rolle einer selbstbestimmten und emanzipierten Frau erobern kann!

Ihre Autobiografie "Fremdbestimmt - Die Suche nach einer Heimat" ist eine bewegend erzählte Lebensgeschichte, die Migranten und insbesondere leidtragenden Frauen Mut macht, ihr Schicksal in einer für sie anfangs unbekannten neuen Welt, selbst in die Hand zu nehmen.
Gleichzeitig ist es ein herausragendes Lehrbuch für all diejenigen, die sich mit der größten Herausforderung unserer heutigen Zeit befassen, nämlich die einer globalen Völkerwanderung. Flucht und Migration sind aktuell wie nie zuvor!

Rita Schäfers Autobiografie gehört somit auf den Schreibtischen von verantwortungsvollen Politikern als auch in den Geschichts- und Politikunterricht von Schulen.

WERNER TRAPPMANN, Couch und Agent

Das Buch ist nicht nur eine Biographie, sondern auch ein Politik-, Geschichts- und Tagebuch. Rita Schäfer hat es sehr authentisch geschrieben, man fühlt mit ihr.

Die Schmerzen, die Freude und Enttäuschungen sind sehr lebhaft beschrieben.

Da ich die Ereignisse von Iran als Kind bereits mitbekommen habe und die Kultur kenne, kann ich aus Erfahrung sagen, dass die Autorin wirklich nichts schön geredet hat, sondern über die "nackte Wahrheit" der beiden Kulturen geschrieben hat, und es ist ihr meiner Meinung nach, gelungen.

G. WAHISI, MANAGERIN UND POLITIKERIN